Die Saboteurin: ADHS verhindert Karrieren

ADHS ist keine tödliche Krankheit. Und dennoch zerstört sie regelmäßig komplette Leben. Das gilt insbesondere, wenn sie unerkannt und somit nicht oder falsch behandelt wird. »Zappelphilipp« zu sein oder eine »Träumerin«, klingt für Außenstehende erst einmal relativ harmlos. Die Konsequenzen allerdings können gravierend sein.

Welche Folgen hat unbehandeltes ADHS?

Meist fängt es mit schlechten Noten trotz durchschnittlicher oder sogar hoher Intelligenz an – nicht nur aufgrund der (inneren) Unruhe und der Unkonzentriertheit, sondern ob des »auffälligen Verhaltens«, das es seitens der Lehrkraft »zu sanktionieren« gilt. Sitzenbleiben ist die logische Folge. Das wiederum führt zu noch mehr Schulunlust und schließlich zu einer generellen Verweigerungshaltung; Überforderung und Frustation nehmen zu. Und der Sog der Abwärtsspirale wird noch stärker. Häufige Schulwechsel sind die Folge, die Schulabbrecherquote ist entsprechend hoch. Denn die gut gemeinte »gezielte Förderung« läuft völlig ins Leere, weil ja eben keine Lernschwäche und keine Verhaltensstörung vorliegen!

Die Abwärtsspirale durchbrechen

Wer es trotz aller Widrigkeiten dennoch schafft, die Schule und danach eine Ausbildung oder ein Studium (im Bild: die Universität Bonn) erfolgreich hinter sich zu bringen, resümiert später häufig rückblickend: »Irgendwie habe ich mich immer durchgemogelt. Doch hätte ich damals schon gewusst, dass es ADHS ist, hätte ich viel mehr erreichen können …» Es klingt trivial und wie eine billige Ausrede, doch es ist die Realität: Viele Karrieren und Lebensentwürfe scheitern faktisch aufgrund der Effekte der neurologischen Beeinträchtigung! Natürlich gilt das nicht für alle, aber eben für viel zu viele. Prokrastination (also »Aufschieberitis«), Überforderung und Selbstzweifel entfalten dann ihr ganzes negatives Potenzial, was zu einem (noch) geringeren Selbstwertgefühl, sozialem Rückzug und sogar zu Burnouts führen kann. Es ist die »perfekte« Abwärtsspirale!

Ausnahmetalente und Idole mit ADHS

Ja, es gibt sie selbstverständlich: die Genies und Vorbilder, die es trotz oder gerade wegen ADHS (Stichwort Zielstrebigkeit, Kreativität) »geschafft« haben. Aber sie sind eben nicht der Normalfall. Lückenhafte Lebensläufe, häufige Jobwechsel und Suchtkarrieren sind wesentlich wahrscheinlicher, wenn keine Diagnose – und damit erst die Chance auf eine Behandlung! – erfolgt. Das gilt laut verschiedener Studien in besonderem Maße für Mädchen und Frauen, insbesondere des unaufmerksamen und damit eher unauffälligen Typs. Die schwedische Psychiaterin Prof. Dr. Lotta Borg Skoglund bringt es in ihrem Buch »Mädchen und Frauen mit ADHS. Überraschend anders« auf den Punkt: »Mädchen und Frauen mit ADHS werden übersehen, weil sie nicht dem klassischen ADHS-Stereotyp des hyperaktiven Jungen entsprechen.« Und da auch diese »typischen« Jungen oft nicht richtig diagnostiziert werden oder zu spät, haben es Mädchen und Frauen doppelt schwer.